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Zockerkeller & Fun-Gaming Board: Gaming Thread: Spieletests
Spieletests Site: « 1 »
#1 at 07.09.2011 on 13:56h Quote this entry
de maphios
Leader
Ich verfolge gerade ein bisschen die Debatte die Christian Schmidts Beitrag bei Spiegel Online gestern losgetreten hat. (Hier gibts das Essay übrigens ungekürzt zu lesen)

Im Kern geht es darum, dass Herr Schmidt, der bis vor wenigen Wochen selbst jahrelang Redakteur bei der Gamestar war, seinen Ex-Kollegen vorwirft die Spieletests zu sehr in technische Details aufzuteilen und sich im Klein-Klein zu verlieren anstatt das große Ganze des Spiels zu sehen. Hier ein Zitat aus seinem Text:

schrieb:
Deutsche Spielekritiker haben sich in einem Biotop eingerichtet, das ihnen minimalen Denkaufwand abverlangt. Ihr journalistisches Niveau ist schwach, der Grad an intelligenter Reflexion erschreckend gering. Es ernüchtert, wenn in Spielen Grundsteine für Diskurse anlegt sind – in Bioshock über Ayn Rands Objektivismus, in GTA 4 über den American Way of Life –, wenn Spiele eine historische Epoche interpretieren wie Red Dead Redemption oder sich in eine literarische Tradition stellen wie L.A. Noire, und die deutsche Fachpresse nichts dazu zu sagen weiß außer bestenfalls einer Erwähnung des Sachverhalts.
Spieletests sollten seiner Meinung nach also Weg von dem alten Wertungssystem von 0-100 oder ähnlichem, hin zu einem Kritiksystem bei dem das Fazit des Redakteurs im Mittelpunkt steht. Spiele sollten also eher als Kunstwerke gesehen werden, die man nicht in Einzelteile zerpflückt, sondern die man in einen kulturellen Kontext einordnet, ganz so wie die neuesten Kinofilme eben im Feuillton besprochen werden. Er weist außerdem darauf hin, dass ein Spieletest eben keine 2 Stunden dauert wie ein Kinofilm, sondern auch mal 20 Stunden, man aber trotzdem nicht mehr Geld bekommt, obwohl das Geld/Leistungs-Verhältnis ja schlechter wird.

Brisant wird diese ganze Sache dadurch, dass Herr Schmidt eben bis vor ein paar Wochen selbst stellv. Chefredakteur der Gamestar war und eben jetzt das Wertungssystem, mit dem er jahrelang gearbeitet hat und das er als leitender Redakteur auch mitgetragen hat, als nicht richtig abtut. Von vielen wird das als eine Art Nachtreten empfunden.


Ich habe bis jetzt ein paar Beiträge in Foren quergelesen oder auch ein paar Blogs dazu:

Kaliban.de ist der Blog von Gunnar Lott, ehem. Chefredakteur der Gamestar und mit Christian Schmidt befreundet. Hier gibt es auch die ungekürzte Fassung des Essays zu lesen und einen Kommentar von Gunnar. Prinzipiell gibt es hier einiges an Zustimmung für Christian Schmidt.

Gamestar Forum; hier wird die Debatte natürlich sehr emotional geführt, weil alle den Redakteur noch selbst kennen und einige ihn noch nie mochten, andere ihn jedoch verteidigen. Insgesamt gibt es aber einige die einen solchen Ansatz für gut halten.

Auf Gamers Global rechnet Mick Schnelle, ein ehemalige Gamestar Redakteur, mit dem Essay von Christian Schmidt ab und verteidigt die heutigen Spieletests als Service für Menschen die einfach wissen wollen ob sie das richtig Spiel kaufen oder einen Fehlkauf tätigen. Er wirft den Aussagen sogar vor die Arbeit der letzten 20 Jahre von Spieletestern kaputt zu machen.


Für mich selbst ist die ganze Sache zweigeteilt. Ich habe früher die Gamestar auch selbst gelesen und kenne die beteiligten Redakteure aus einige Artikeln. Heutzutage schaue ich nur noch auf Gamestar.de auf ein paar Klicks vorbei, weil ich dort sowieso alle Tests umsonst lesen kann und nicht mehr so viel zocke wie früher. Von daher finde ich es eigentlich gut, wenn ich mit einem schnellen Blick auf eine Testnote sehen kann ob das Spiel gut ist oder nicht.

Andererseits finde ich es auch richtig, dass man einige (wenn auch natürlich nicht alle) Spiele als Gesamtkunstwerk betrachten sollte und nicht unbedingt in 10 Unterkategorien bewerten muss. Ich will schließlich nicht über jedes Detail eines Spieles Bescheid wissen, sondern ob mir das Gesamtpacket denn Spaß machen könnte. Wichtige Details (z.B. Auto Healing, Automatisches Speichern, Online Zwang, Grobe Bugs,...), die für das Spielgefühl entscheidend sind, dürfen natürlich nicht außer Acht gelassen werden.


Wie seht ihr denn die Sachen? Lest ihr euch noch Spieletests durch und wenn ja wo?
 


"Mich hat der Erfolg von Ikea in Japan nicht überrascht. Den Japanern ist es doch wurst, wenn beim Tisch die Beine fehlen." - Harald Schmidt

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#2 at 07.09.2011 on 14:06h Quote this entry
de Zahl
Co-Leader
posts: -2
Hab die Sache bei GG verfolgt. Generell find ich sein Vorgehen Stillos. Gerade als Chefred. wär er doch in der Position gewesen, was zu ändern, aber dazu war er sicherlich einfach zu faul. Stattdessen redet er sich lieber den Frust vom Leibe, ist ja viel einfacher als was zu machen.
Ich sehe es auch so, dass ein Spieletest eher nüchtern gehalten sein soll, ich will doch keine Interpretation des Titels vorgekaut kriegen, bevor ich das Spiel kaufe. Für sowas könnte man evtl. ne eigene Kolumne im Magazin bringen, aber das hat mit einem Spieletest nichts zu tun. Hier finde ich Micks vergleich mit den Automagazinen sehr treffend.
Gerade für sowas eignet sich meines Erachtens das Netz besser, denn wenn ich das Spiel tiefer erkunden und interpretieren will, will ich die Meinungen und Denkansätze vieler haben, und nicht nur die eines Redakteurs. Umgekehrt setze ich auf einen Test eines echten Spieleredakteurs was die technischen Daten des Spiels angeht mehr als auf eine Bewertung eines Kunden bei Amazon.
Dazu finde ich diese Diskussion in den Kommentaren ganz gut. Die zeigt eben, dass es manche auch genau umgekehrt sehen.
 


Bäm knall rumms

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#3 at 07.09.2011 on 17:10h Quote this entry
de maphios
Leader
posts: 0
Es gibt mittlerweile auch eine Gegendarstellung auf Spiegel Online von Petra Fröhlich, der Chefredakteurin der PC Games.

Hier mMn die Kernaussage von ihr:

schrieb:
Christian Schmidt will Videospiele als Medium mit gesellschaftlicher Aussagekraft, als Kulturgut und Kunstwerke verstanden wissen. Ich rate zu Aufrichtigkeit: Die allerwenigsten Spiele taugen für ökonomische, politische, ethische, künstlerische oder gesellschaftliche Urteile, wie im Übrigen auch die wenigsten Kinofilme, TV-Serien und Bücher.

Interessant auch die Antwort von Jörg Langer, der Ex-Chefredakteur von Gamestar und (Mit)Gründer von GG:

schrieb:
Ich will mich hier nicht als der große Schlichter aufspielen, zumal ich zu ca. 90% auf Micks Seite bin und mich über einige von Christians Aussagen schon sehr wundere. Darum nur ganz kurz: Es gibt aus meiner Sicht drei Gruppen von Spieleredakteuren.

Jene, die gewissermaßen in die Meta-Ebene transzendieren, weil sie die letztlich immer gleichen Mechanismen von Spielen persönlich -- meist nach Jahren der Berufsausübung -- nicht mehr so erquicklich finden. Sie streben oft danach, "hinter das eigentliche Spiel" zu blicken, Spiele als künstlerisches Medium oder auf ihre gesellschaftliche Relevanz hin zu untersuchen. Sie schielen aufs Feullieton, wo sie -- wenn sie gut schreiben -- auch hingehören. Ihre ehemalige Liebe zum Sujet verändert sich oft zu einer Connoisseur-Mäkelei: Nur das ganz Neue, Ungewöhnliche, die wenigen Perlen, die paar Spiele, die sich aus ihrer Sicht mit Autorenfilmen oder Theaterstücken messen können oder zumindest die Ansätze dazu zeigen, genießen noch ihre Gnade.

Und eben jene, die sich eher als Arbeiter sehen (aber nicht weniger als Journalisten), denen auch nach Jahren nicht die Lust am Spielen oder am Spieletesten vergangen ist. Ich zähle mich klar zu letzterer Gruppe, die man auch die "Zurückgebliebenen" nennen könnte. Auch wenn ich es mir zutraue, einige der gravitätischen Gedankengänge der ersten Gruppe zumindest nachvollziehen zu können. Übrigens muss auch der Arbeiter aufpassen, nicht deswegen ein Gears of War 3 runterzumachen, weil er persönlich das immer gleiche Spielprinzip schon in- und auswändig kennt.

Ich denke, beide Ansätze haben ihre Berechtigung. Und sie schließen sich auch nicht aus, dafür gibt es z.B. auf GamersGlobal immer wieder Beispiele, in vielen Tests ebenso wie in Reports oder Meinungen. Nur steht bei uns halt immer das Handwerk im Vordergrund.

Ach, und die 3. Gruppe? Das sind einfach die schlechten Spiele-Journalisten. Ob sie nun zur ersten oder zweiten Gruppe gehören wollen.
Jörg Langer kann ich eigentlich nur zustimmen. Es gibt eben mehrere Arten von Spielejournalisten. Beides hat seine Daseins Berechtigung und beides hat auch seine Kundschaft. Christian Schmidt will eben, dass die Spieletests mehr in die journalistische Ecke gehen und hat dazu einen kontroversen Artikel geschrieben, der wohl primär als Denkanstoß dienen soll. Jörg Langer und Petra Fröhlich halten den Ansatz zwar in einigen Punkten für überlegenswert, aber sehen eben auch, dass man so nur bei wenigen Spielen verfahren könnte.


Edit:
Christian Schmidt selbst hatte sich mittlerweile auch nochmal im Gamestar Forum gemeldet:

schrieb:
Hey zusammen,

da Fabian seinen Facebook-Kommentar hier gepostet hat, stelle ich der Vollständigkeit halber meine Facebook-Antwort an ihn auch hier rein:

Fabian, danke dir für die offenen Worte. Natürlich hast du recht, wenn du mir vorwirfst, dass ich meine Überzeugung schon zu GameStar-Zeiten hätte umsetzen müssen, auch wenn sie in dieser Ausprägung erst im letzten Jahr gereift ist, in dem ich meine Zukunft dort schon in Zweifel gezogen habe.

Ich habe lange überlegt, ob es legitim ist, Kritik an einem System zu äußern, das man selbst mitgetragen hat; ob diese Kritik glaubwürdig ist, wenn sie von einem Ausgeschiedenen kommt; und ob die Öffentlichkeit das richtige Forum für etwas ist, das man auch als interne Angelegenheit betrachten kann. Wenn mir die Sache nur mäßig wichtig gewesen wäre, hätte ich es gelassen. Aber es ist mir eine Herzensangelegenheit. Ich liebe diese Branche. Sie könnte nur so viel besser sein, sie könnte so viel mehr über Spiele sagen. Ich maße mir nicht an, den allseligmachenden Weg ins Glück zu kennen. Aber zumindest sollte man darüber nachdenken, ob die Richtung noch stimmt.

Ich rede übrigens auch keinem verquasten Geschwurbel das Wort. Ich will keine Intellektualität um der Intellektualität willen, das wäre Affektiertheit. Ich finde das GameStar-Wertungssystem sogar sinnvoll, weil es alle mechanischen Erwägungen kompakt zusammenfasst. Aber muss der zugehörige Text dann wirklich zum größten Teil daraus bestehen, die noch mal auszuführen? Wäre da nicht Platz für mehr – nicht zwangsläufig für etwas völlig anderes, aber für MEHR als nur Funktionsaufzählungen? Darüber sollte man nachdenken.

Ich kann gut verstehen, dass das der Essay hier auch im Hinblick auf mich und mein Verhältnis zu GameStar ausgelegt wird (auch wenn man nicht so weit gehen muss wie Marvin). Aber ich denke, dass es es doch besser wäre, sich auf die Sache zu konzentrieren. Denn darum geht es mir - nicht um eine "Abrechnung", wie Spiegel Online getitelt hat.

1 mal editiert. 



"Mich hat der Erfolg von Ikea in Japan nicht überrascht. Den Japanern ist es doch wurst, wenn beim Tisch die Beine fehlen." - Harald Schmidt

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#4 at 07.09.2011 on 18:09h Quote this entry
de darshu666
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posts:
Die sollen nicht Phrasen dreschen, sondern Spiele bewerten.
Heute gibt es eh keine Magazine mehr, die die Qualität bzw. Originalität einer ASM, PC Player oder Powerplay haben.
 
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